DAS PESTPOGROM VON 1349

Weihnachtsfest und Jahreswechsel 1348/49:
Vor 650 Jahren wurde die mittelalterliche jüdische Gemeinde Offenburgs vernichtet. Der Hintergrund ist bekannt: das Auftauchen der Pest 1348 führte überall zur hilflosen Suche nach Schuldigen, die man leicht in den Juden fand.

Unter Folter gestanden die Unglücklichen natürlich alles, unddann konnte man sich ihrer ent-ledigen. Kaum eine Stadt, die nicht ihre Juden vertrieb oder ermordete. 300 Synagogengemeinden, der deutschen Juden wurden damals vernichtet. Nur wenige konnten entkommen und wanderten nach Osten in die slavi-schen Länder.

Den jüdischen Besitz teilten die Christen unter sich auf. Da aber die Juden Kammerknechte waren, also unmittelbar dem König unterstanden und für diesen Schutz viele Steuern zahlen mußten, bedeute-te dies einen großen Ertragsverlust für jenen und das Reich. Und so kam es zu heftigen Prozessen und Beschuldigungen gegen die Städte, die sich schließlich verteidigen mußten. Der Straßburger Magistrat bat um Auskunft, wie die Pogrome andernorts verlaufen waren. Dieser Anfrage verdanken wir einen Pergamentbrief im Straßburger Stadtarchiv vom Frühjahr 1349: die Stadt Offenburg schildert darin minutiös, was hier Ende 1348 vorgefallen war. Allerdings unterscheidet sich dieser Brief in einem Punkt gewaltig von den Schilderungen der anderen Städte: die Offenburger waren angeblich unschuldig am Tod ihrer Juden. Denn diese hätten sich selbst verbrannt, und man habe sie nicht geheißen, das zu tun! Die gleichzeitigen Berichte von Konstanz, Basel, Freiburg und anderen Orten lassen den Vorgang aber in anderem Licht erscheinen, und es ist nun wirklich nicht gut einzusehen, daß gerade den Offenburger Rat Anwandlungen von Edelmut überkommen haben sollen. Hinzu kommt noch, daß Selbstmord für jeden gläubigen Juden eine schwere Sünde ist. Die Folterungen der Verdächtigen fanden über Weihnachten statt: "..und wir ließen ihn wieder ab, weil es schon spät am Heiligen Abend war. Wir warteten bis zum nächsten Tage, gingen mittags zu ihm und setzten ihn wiederum zur Rede. Da gestand er.."

Das Ende ist bekannt, die Brunnen wurden anschließend untersucht, man fand natürlich nichts drin. Von der mittelalterlichen Gemeinde Offenburgs blieb nur das großartige Judenbad erhalten - und der Name eines Gäßchens, das ins kleine Ghetto führte: das Judengäßle kannte man noch bis etwa 1850, dann wurde es zur Bäckergasse.


 

© KulturAgentur, Dr.Martin Ruch, Willstätt, ruch@kulturagentur.de; Realisation eyeworkers interactive GmbH, Karlsruhe